Jetzt schwebt sie wieder über den Stammtischen, die Gurkenkrümmungsverordnung als typisches Beispiel völlig durchgeknallter EU Bürokratie. Stolz haben kürzlich die Grünen ihr Plakat zur EU-Wahl präsentiert: „Für krumme Gurken, gegen krumme Geschäfte“. Das ist unterste Schublade, denn: diese Vorschrift wurde bereits 1967 in Österreich erfunden. Damals hat sich der österreichische Handel gerade Gurken gewünscht, damit mehr davon in einen Karton passen. 1988 wurde daraus die EWG Verordnung 1677/88. 2009 wurde diese Verordnung abgeschafft, trotz heftiger Gegenwehr von – erraten! – u.a. Österreich.
Beinahe noch verrückter läuft das mit den Glühbirnen. Ach, was waren unsere Politiker – und dabei ganz besonders die Grünen! – doch stolz darauf, dass sie für das Verbot der Glühbirnen gestimmt hatten! Und leider, leider, heute kann sich niemand mehr daran erinnern.
Noch blöder wird’s wenn jemand behauptet, „die in Brüssel“ hätten was verordnet, oder gar „entschieden“. Wir alle haben das schon 1000 Mal gehört, und vielleicht steht endlich jemand auf und schreibt’s mit einem dicken Filzstift auf den Stammtisch: „die EU“ entscheidet gar nichts. Da gibt es lediglich Entwürfe und Vorschläge, die in einem langen Prozess entstehen. Und mit etwas Glück, oder Pech, je nach Standpunkt, entsteht daraus ein Entwurf für den Ministerrat. Und wenn alle dafür sind, wird daraus eine EU Verordnung, aus der die Parlamente der Mitgliedsstaaten ein (Landes-)Gesetz machen müssen.
Und wenn nur ein Minister dagegen stimmt? Dann wird natürlich nichts daraus. Erinnern wir uns an das Verbot der als „Bienenkiller“ verrufenen Neonicontinoide. „Unser“ Umweltminister hat damals dagegen gestimmt, das Giebelkreuz lässt grüßen…
Zugegeben: das EU Parlament hat kaum was zu reden, die tatsächlichen Entscheidungen liegen noch immer bei den Mitgliedsstaaten. Diesmal ist aber etwas anders: die EU Regierungschefs haben sich darauf geeinigt, dass zum ersten Mal die Mehrheitsfraktion des EU-Parlaments den EU Kommissionspräsidenten stellt. Mit u.a. Jean-Claude Juncker (EVP, 1989-2009 Finanz-, und 1995-2013 Premierminister von Luxemburg) und Martin Schulz (SPE, seit Jänner 2012 Präsident des Europäischen Parlaments) stehen echte politische Schwergewichte im Ring, die international hohe Anerkennung genießen.
Dafür lohnt es sich zu wählen. Und dafür, dass Brüssel die eine oder andere Blödheit unserer Politiker verhindert.