Bundesdeutsche Bürger leben in einer anderen Welt. Ihnen wird sogar live aus aus dem fernen Land „Lübien“ berichtet. Ja, sie haben richtig gelesen: Lübien. In Nachrichten, Reportagen, ja sogar in live Schaltungen plaudern deutsche Reporter munter über „Lübien“. Ob die Libyer mit dieser Umbenennung ihrer Heimat einverstanden sind, ist nicht bekannt.
Wir Österreicher sind da verwöhnt. Vielleicht ist es ein Rest aus dem alten österreichischen Vielvölkerstaat, der unsere Journalisten sorgsamer mit der Sprache umgehen lässt. Hier kommt niemand auf die Idee, die Heimat der Libyer einfach umzutaufen, und schon gar nicht Karim El-Gawahry im ORF.
Dieser rüpelhafte Umgang mit der deutschen Sprache hat lange Tradition. Immer wieder werden Wörter so lange verbogen und in den Medien wiederholt, bis sich alle daran gewöhnt haben. „Wissenschaftler“ ist da ein typisches Beispiel. Bis vor wenigen Jahren war ein Mann der Wissenschaft kein „Gschaftler“ oder gar „Gschaftlhuber“. Das verkleinernde, abwertende „Binnen-l“ hat sich dann ganz langsam eingeschlichen, bis in den Duden.
Zugegeben, neu ist das nicht. Schon Karl Kraus hat festgestellt, dass uns von den Deutschen nichts so sehr trennt wie die gemeinsame Sprache. Zur Zeit von Karl Kraus gab es allerdings noch kein Satellitenfernsehen. Und deshalb mussten sich die Österreicher zu dieser Zeit auch noch nicht daran gewöhnen, dass Journalisten „vor Ort“ sind. Vor Ort war man damals noch im Bergwerk, und zwar nur dort, auch in Deutschland.
Unsere Sprache lebt, sie verändert sich und entwickelt sich weiter. Das mag ja in Ordnung sein, nur was können die Libyer dafür?