Es war nicht einfach, dem Herrn Rat Sinn und Zweck von E-Mails zu erklären. „Und, zu wos braucht ma des wirklich?” fragte mich der Richter immer wieder. Endlich kam ich auf die für ihn verständliche Erklärung: „Wie hin- und herschicken von Briefen mit Telefax, nur schneller!” Herr Rat schüttelte immer noch den Kopf, gab sich mit dieser Erlärung aber zufrieden. Das war 1991, ich hatte als Zeuge in einem Medienprozess diese schwierige Aufgabe übernommen. Damals war ein Freund in Schwierigkeiten geraten, weil die Stapo (heute Sicherheitspolizei) seine privaten E-Mails an die Medien weitergegeben hatte (soviel zum „neuen” Phänomen der Überwachung des Datenverkehrs durch Geheimdienste).
Seither hat sich einiges geändert. Wenig später entstand das World Wide Web, und auf Wikipedia ist jetzt zu lesen: „Im Jahr 2012 verfügten insgesamt 3,375 Milliarden Menschen auf der ganzen Welt über einen aktiven E-Mail Account.”
Nur im kleinen Oberösterreich, genauer: in dessen Krankenhäusern, da gehen die Uhren anders. In den letzten Jahren hatte ich das zweifelhafte Vergnügen, mehrmals in verschiedenen Krankenhäusern zu landen; zuletzt am 29. Juni 2013 im AKH Linz:
- Montag, 1. Juli 2013: „Wir müssen erst die Befunde von den anderen Krankenhäusern anfordern.”
- Dienstag, 2. Juli 2013: „Befunde sind noch nicht da.” - „Warum?” - „Naja, die kommen per Fax, das dauert.”
- Mittwoch, 3. Juli 2013: „Befunde sind leider noch nicht da.” - „Warum?” - „Befunde werden nur 1x pro Tag gefaxt, das geht nicht so schnell.” - „Soll ich die Befunde holen?” - „Nein, wir dürfen nur die gefaxten verwenden.”
Am Donnerstag waren die Befunde dann endlich da. Umgekehrt ist's übrigens genauso: Alle Informationen aus dem AKH Linz dürfen nur über EIN Faxgerät versendet werden, das in der Direktion steht. „Aus Gründen der Datensicherheit”, wie mir versichert wurde. Willkommen im 21. Jahrhundert.
Ach ja: so ein G3 (Faxstandard) Datenstrom war schon in den 1990er Jahren leichter zu hacken, als heutzutage eine Website...