An den Stammtischen auf dem Lande scheint die Wirtschaftskrise noch immer nicht so richtig angekommen zu sein. Man vermutet hier immer noch, dass die (bösen) Medien eine mögliche größere Krise nur auflagenstärkend herbeireden und alles gar nicht so schlimm sei, zumindest bis jetzt. In dieser Grundhaltung spiegelt sich sowohl finanzwirtschaftliche Unkenntnis als auch klassische Realitätsverweigerung wider. Nachdem man jahrelang als gelernter Österreicher aus Prinzip alles krankgejammert hat, ist nun aus der fiktiven eine echte und ziemlich handfeste Krise geworden und nun möchte man lieber den Kopf in den Sand stecken als zu glauben, dass die guten Zeiten nun wirklich vorbei sein könnten.
Insofern ist es nicht verwunderlich, dass auf einmal die viel gescholtenen Politiker in der Bevölkerung wieder viel höher im Kurs stehen. Denn im Gegensatz zu den Medien als Überbringer der schlechten Nachrichten bieten Politiker in allen Ländern nun jede Menge Lösungsansätze und positive Zukunftsparolen feil. Staatsinterventionismus sowie politische Macher- und Führertypen mit Showtalent sind wieder stark im Kommen. Das ist immer so in Zeiten existentieller Krisen. Auch ein Obama ist ja nicht zufällig an die Macht gekommen. Mit enorm viel Wahlkampfgeld aus höchsten Wirtschaftskreisen und mitten im wirtschaftlichen Zusammenbruch hätte auch ein Mann von geringerer Intelligenz und nicht ganz so ausgeprägtem Strahlemannimage die poltische Wende nach links in Amerika vollbringen können.
Barack Hussein Obama als weltweit akzeptierter Heilsbringer. Wird er den übergroßen Hoffnungen gerecht werden?
Aber Obama ist zu höherem berufen. Er ist ein Mann für große Entscheidungen. Für Entscheidungen von weltweiter Bedeutung. Er könnte für viele in der Welt eine zentrale Integrationsfigur sowohl wirtschaftlich als auch politisch werden. Ein Mann, dem man durch dick und dünn folgen würde und wenn es sein muss, sogar in einen "gerechten" Krieg. Auch im europäischen Ausland hat er viele Fans, nicht nur unter den üblichen Verdächtigen, wie den linken, liberalen und grünen Gruppierungen, wie die beinahe 70%ige Zustimmung zum US-Präsidenten Obama in deutschsprachigen Ländern beweist. Sogar fleißige Kirchgänger sind voll des Lobes für den neuen Präsidenten, obwohl er gleich zu Beginn die finanzielle Förderung von Abtreibungsvereinen wieder eingeführt hat und die Stammzellenforschung massiv unterstützt.
Es ist manchmal nicht zu fassen, welche Faszination dieser Barack Hussein Obama auf die meisten Menschen ausübt – und zwar unabhängig davon, ob es sich um Amerikaner oder andere Erdenbürger handelt. Wird er wirklich jener Heilsbringer, was ja viele von ihm erwarten?
Obama ist ganz anders als Bush, oder gibt es doch Gemeinsamkeiten ?
Viele (europäische) Anhänger scheinen jedoch durch die medial inszenierte Euphorie zu vergessen, dass Obama in erster Linie der Präsident der Weltmacht Nr. 1 auf diesem Planeten ist und dass die Polit- und Wirtschaftsclique im Hintergrund, die dieses Land seit jeher in Wirklichkeit regiert, weiterhin alle Maßnahmen setzen wird, die es den USA ermöglichen, ihre Vorherrschaft zu sichern bzw. auszubauen. Es werden sich allenfalls Ton und Äußerlichkeiten in der zukünftigen US-Politik ändern. Inhalt und Substanz werden sich nicht ändern.
Man sollte sich nur einmal einige der neuen Regierungsmitglieder ansehen, und schon weiß man, dass es wahrscheinlich nur alten Wein in neuen Schläuchen geben wird. Verteidigungsminister Robert Gates wurde gleich aus der alten Regierung direkt mit übernommen. Stabschef Rahm Emanuel zählt bei Kennern der US-Politik zu den extrem konservativen Hardlinern. Hochinteressant ist auch, dass Obamas Wahl des außenpolitischen Beraters auf Zbigniew Brzezinski fiel, einem Mann, der Russland am liebsten in den Boden stampfen möchte (siehe die Bücher dieses Mannes). Vieles deutet - im Gegensatz zur öffentlichen Meinung darauf hin -, dass die aussenpolitische Entwicklung nicht besonders lustig werden dürfte.
Und die Wirtschaftspolitik?
Was Wirtschaft und die Finanzen anbelangt, hat Obama ohnehin keine Wahl bzw. leichtes Spiel.
Wirtschaftlich hat Obama jedenfalls nicht sehr viel Ahnung und ist genauso auf Berater angewiesen wie Bush jun. Hier kann man nur hoffen, dass Obama nicht die Protektionismus- und Steuererhöhungskarte spielen wird, was für die Weltwirtschaft katastrophal wäre, sondern dass er "lediglich" die Erhöhung der US-Staatsschulden in noch schnellerem Tempo als es Bush jun. getan hat, forcieren wird. Die finanzielle Lage der USA ist so desolat, dass es auf die eine oder andere Billion Dollar Staatsschulden mehr oder weniger in den kommenden Jahren nicht mehr ankommen wird. Ihm fliegen ja die möglichen Pleitekandidaten ja nur so um die Ohren – Bank of Amerika, Citigroup, AIG, General Motors, etc. Mit einem Heer von künftigen Arbeitslosen vor Augen und in Verbindung mit seinem Charme wird Obama sich ohne weiteres jede beliebige Budgetüberschreitung in Billion-Dollarhöhe absegnen lassen können. Das bringt ihm kurzfristig Sympathie, langfristig führt es jedoch zu enormer Staatsverschuldung, Währungsdesaster, Hyperinflation und irgendwann zum "großen Schnitt". Womit wir jetzt endgültig auf das Thema Staatsschulden umschwenken.
Staaten können nicht pleite gehen, oder doch ?
Da sind 80 % der Österreicher in der jüngsten Umfragen felsenfest überzeugt, dass die Guthaben bei den österr. Banken und Versicherungen im Gegensatz zu mancher ausländischer Adresse sehr sicher sind und dann wird hier beinahe sakrilegisch sogar über den Staatsbankrott geredet, womöglich sogar über den österreichischen.
CDS-Preise sind viel akkurater wie Ratings van Ratingsagenturen und bilden das Risiko von Staaten bzw. Banken ziemlich tagaktuell ab. Je höher die CDS-Zahl, umso riskanter wird der Staat/die Bank eingeschätzt. (Erklärung: http://de.wikipedia.org/wiki/Credit_Default_Swap )
JA, es ist in der Tat eine unbequeme Vorstellung und man ist nicht einmal als interessierter Beobacher der Finanz- und Wirtschaftsszene geneigt, sich mit derartigen Untergangs-Szenarien besonders intensiv auseinanderzusetzen. Doch vor einer Woche hat es im FORMAT bereits einen entsprechenden Artikel zur Situation österr. Banken in Osteuropa und deren Staatshaftung gegeben und in der gestrigen Presse-Ausgabe fragt der Journalist Christian Ortner ganz unverblümt "Wann geht Österreich eigentlich pleite?" und er findet sogar eine kurze Antwort darauf: Wenn nämlich die EU jetzt Osteuropas abstürzende Wirtschaft und damit auch die voll involvierten österr. Banken im Stich lässt, dann gehen zuvor die Banken und danach der Staat Österreich schlicht und einfach pleite (Quelle: http://diepresse.com/home/meinung/quergeschrieben/christianortner/448244/index.do?from=suche.intern.portal ).
In selbiges Horn stößt einer der wichtigsten Wirtschaftsberater Obamas (Ex-Chefökonom des IWF, Kenneth Rogoff), welcher vor ein paar Tagen auf die Frage, wie er die Solidität der österr. Banken denn beurteile, nur zu antworten wusste: "Deren Lage ist dramatisch. Die Lage der österr. Banken stellt eines der größten Probleme in ganz Europa dar. Aber es scheint keinen Plan zu geben, wie man die Krise in den Griff bekommt." (Quelle Format 4/09). Nun, SPÖ-Bundeskanzler Faymann und dessen ÖVP-Vize Pröll scheinen jedenfalls einen genialen Plan gehabt zu haben, nämlich die anderen (Länder) dafür zahlen zu lassen ;-)) Sie wollten gemeinsam mit anderen CEE-geschädigten EU-Ländern aus dem großen EU-Geldtopf für Osteuropa große Hilfspakete nach dem Muster eines Marshall-Planes schnüren lassen. Offizieller Grund: damit es den armen CEE-Ländern nicht schlecht ergehe. Ganz nebenbei hätte man auch die drei wichtigsten Österreich-Banken mit dem viel zu hohem Osteuropa-Kreditexposure etwas aus der direkten Schusslinie nehmen können. Leider scheinen die beiden damit bei den EU-Verantwortlichen eher doch abgeblitzt zu sein, weil die sich - völlig unverständlicherweise - auf den Standpunkt gestellt haben, "ihr habt in den letzten Jahren mit euren Banken einen Haufen Kohle in Osteuropa verdient, jetzt löffelt euch die Suppe mal selber aus ..."
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Lt. dt. Deutscher-Derivate-Verband befinden sich die CDS-Preise zB. für die österr. ERSTE Group bei 196 Punkten, Tendenz leicht steigend die letzten Wochen. Für die Raiffeisengruppe sind leider keine CDS-Spreads beim Verband erhältlich, um interne Vergleiche anzustellen. Lediglich für die ehem. Mutter der Bankaustria, die Hypovereinsbank, werden auf deren Webseite CDS-Spreads angeführt. Diese befinden sich aktuell bei vergleichsweise guten 102 Punkten. (Daten Dez/Jan 2008/2009) (Erklärung: Je höher die Zahl, umso schlechter die Einschätzung der Bonität).
Jedenfalls ist die Lage derzeit nicht undramatisch und die Medien überzeichnen den Ernst der Situation bestimmt nicht. Eher das Gegenteil ist der Fall. Oft aus Rücksicht auf finanzkräftige Kunden, vorwiegend aus der Finanzbranche, werden weltweit negative Infos nur scheibchenweise bekannt gegeben, sofern diese den Medien in ihrer ganzen Komplexität überhaupt bekannt sind. Klares Fazit der wirtschaftlichen Situation: Die weltweite Lage der Wirtschaft, in den Banken, bei den Staatsschulden ist und bleibt dramatisch und angespannt! Man kann nur hoffen, dass unseren Politikern mittelfristig etwas mehr einfallen wird, als nur den aktuellen System-Crash bis zum Restart zu "verwalten".
AKTIENBÖRSEN - Bärenmarktrally jederzeit möglich - Langfristiger Abwärtstrend jedoch weiterhin voll intakt.
Hier scheint im Gegensatz zur wirtschaftlichen Lage etwas Optimismus angebracht. Auch wenn die Wirtschaft keinerlei Anzeichen einer Erholung erkennen lässt, muss das für die Börsen kurzfristig nicht unbedingt negativ sein. Da die Börsianerzunft derzeit pessimistisch eingestellt ist bzw. bereits seit Oktober 2008 einen Hang zum Überreagieren hat, dürfte eine kontinuierliche Verschlechterung der Wirtschaftslage in 2009 in den aktuellen Kurse großteils eingepreist sein. D.h. übersetzt, es MUSS jetzt nicht mehr in gleichem Tempo nach Süden gehen, wie bisher. Es ist genauso möglich, dass wir jetzt endlich einmal eine größere Bärenmarkt-Entlastungsrally sehen werden. Bis jetzt haben die Tiefstkurse von Oktober/November sowohl in USA als auch in Europa jedenfalls gehalten. Die Mindestvoraussetzung für einen (mehrwöchigen/mehrmonatigen) Befreiungsschlag nach oben wäre quasi erfüllt. Solange das so bleibt, lebt die Hoffnung und eine 10-20%ige Bärenmarktrally in den großen Indizes ist durchaus möglich. Im DAX würde dies Kurse um die 5.100/5.300 bedeuten, die machbar wären, ohne dass der Abwärtstrend gebrochen werden müsste. Werden die Oktober-Tiefstkurse (auf Wochenbasis) jedoch unterschritten, ist das Thema Bärenmarktrally jedoch sofort abgehakt und man müsste sich auf weitere deutliche Abschläge einstellen.
Das größte Erholungspotenzial haben natürgemäß Finanzwerte, da am meisten geprügelt.. Ich kann mich für die Beinahe-Pleite-Branche jedoch weiterhin nicht besonders erwärmen, da die Kursbewegungen derzeit sehr stark durch politische Maßnahmen bestimmt sind. Ebensowenig gefallen mir (Lebens-)Versicherungen. Hier könnte aufgrund der nicht sonderlich transparenten Bewertungsvorschriften noch ziemlich viel Unbewertbares mit Mega-Laufzeiten "schlummern". Niemand weiß konkret, welche "Wetten" die Assekuranz wirklich in ihren Büchern hat. Nicht umsonst musste mit AIG bereits die größte Versicherung der Welt mit Staatshilfe gerettet werden. Natürlich wird es auch ein paar konservativ agierende Versicherungskonzerne geben, die sich dem Mainstream des leichten Geldes der vergangenen Jahres widersetzt haben. Aber wer, wer hat wirklich das KnowHow, die Risiken eines Versicherungskonzernes zu beurteilen. Auf das Urteil von BANK-Analysten würde ich mich derzeit nicht allzusehr verlassen.
Aufgrund der gewaltigen Kursbewegungen sind Aktien aus der Finanzbranche jedoch ein Eldorado für sehr spek. Anleger, da hier kurzfristig hohe Gewinne möglich sind.
Persönlich gefallen mir solide, eigenkapitalstarke Technologiewerte (wie zB Dell), Goldminenwerte (wie zB Newmont Mining), Stromwerte (wie zB Verbund), Nahrungsmittelkonzerne (zB Nestlé) oder Ölförderer bzw. Ölraffinerien (wie z.B. BP). Meistens haben diese Unternehmen auch gesicherte Dividendenrenditen von 5 % p.a. und mehr, was in diesem Tiefzinsumfeld attraktiv ist.
Derartige Erholungen an den Börsen sollten aber wohl nur von Tradern genützt werden, denn die Börsen befinden sich weiterhin klar im Baisse-Terrain (unterhalb der 200-Tages-Linie, etc). Da müssten die Kurse schon mehr als 25 % steigen, damit sich daran etwas ändert. Eine wirklich nachhaltige Erholung an den Märkten solle erst gegen Ende des 1. Quartals starten können, wenn ein Großteil der Gewinnwarnungen in den Kursen verarbeitet sein wird, egal wo die Kurse dann sind.
Hier noch eine interessante Liste von ABN Amro/RBS über die fundamentalen Bewertungsunterschiede an den einzelnen Börsen. Ist sicher eine gute Basis für eigene Recherchen bzw. gemeinsam mit seinem Anlageberater:
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