Champaign/Berlin - Antibiotika in der
Schweinezüchtung steigern nach dem jüngsten Forschungsbericht der
University of Illinois in Urbana-Champaign die Effizienz um mehrere
Prozentpunkte. Dadurch steigen auch die Profite der Schweinezüchter. Was
die US-Studie aber verschweigt sind die schlechten Erfahrungen in Europa.
Mediziner wie etwa der Vorsitzende der deutschen Arneimittelkommission
http://www.akdae.de warnen vor dem Missbrauch der Antibiotika in der
Tierzucht: lebensrettende Medikamente drohen nämlich wirkungslos zu
werden - aber für den Menschen.
Ganze neun Prozent würden die Gewinne der US-Schweinezüchter abnehmen und
die Produktionseffizienz würde deutlich sinken, wenn auf die Antibiotika
verzichtet wird, schreiben die Wissenschaftler Gay Miller und Paul
McNamara im Journal of Agricultural and Applied Economics. Die
US-Forscher haben in ihrer Untersuchung allerdings nur auf die Preise für
den Endkonsumenten geachtet, denn auf eine mögliche Beeinträchtigung
durch Antibiotikaresistenzen wird in der Studie nicht näher eingegangen.
Vielmehr greifen die Forscher auch auf eine zweite Studie der University
of Iowa zurück, die dem Antibiotika-Einsatz eine fünffache Steigerung der
Profite zuschreibt. Angeblich wurden für die Kostenberechnung europäische
Statistiken herangezogen.
Tief sitzt in Europa aber noch der Schweineskandal von 2001. Damals sind
in Österreich und Deutschland illegale Medikamente und Hormone im
Schweinefleisch entdeckt worden. Die Deutsche Arzneimittelkommission der
deutschen Ärzteschaft und deren stellvertretender Vorsitzender Dietrich
Höffler haben damals eindringlich davor gewarnt, weiter auf Antibiotika
in der Tierzucht zu greifen. Maßlos enttäuscht darüber, dass es in der EU
erst 2005 zu einem Verbot der Antibiotika in der Schweinezucht kommen
werde, schlugen die Ärzte Alarm. "Das Verbot ist seit Jahren überfällig.
Weitere Verzögerungen sind nicht hinnehmbar", so Höffler. Antibiotika
dürften nur noch bei manifesten bakteriellen Infektionen verabreicht
werden. "Bei einer Fortsetzung bisheriger Praktiken besteht die Gefahr,
dass die Antibiotika Therapie beim Menschen in unverantwortlicher Weise
erschwert würde", erklärte der Experte. Alarmierend sei, so der
Mediziner, dass bereits die Hälfte aller heute beim Menschen
nachweisbaren krankmachenden Bakterien resistent gegen Tetrazyklin ist,
das jahrzehntelang als Standardpräparat in der Antibiotika-Therapie galt.
Seit den 50-er Jahren wird Tetrazyklin massenhaft an Tiere als
"Leistungssteigerer" verfüttert. "Die Masterfolge stehen in keinem
Zusammenhang mit den Risiken der Bevölkerung", kontert Höffler.
In einer ganzen Reihe europäischer Staaten sind Antibiotika in der Mast
deutlich eingeschränkt bzw. sogar verboten. So berichtet das Berliner
Robert-Koch-Institut, dass in Schweden seit 1988 der Einsatz verboten
ist, in Dänemark haben Geflügel- und Schweinezüchter auf freiwilliger
Basis auf den Einsatz von Antibiotika als Masthilfe verzichtet. Nach
Berechnungen einer großangelegten Studie aus Bayern Ende der 90-er Jahre
hätte sich beim Verzicht auf die gefährlichen Leistungssteigerer der
Kilopreis von Schweinefleisch um weniger als fünf Euro-Cent (damals: zehn
Pfennig) verteuert.