Vancouver - Tatsächlich haben Fischer,
Walfänger und Robbenkiller unrecht, wenn sie damit argumentieren, dass
ihnen die Meeressäuger den wertvollen Speisefisch wegnehmen. Nach einer
heute, Montag, im Wissenschaftsmagazin New Scientist
http://www.newscientist.com veröffentlichten Studie jagen die beiden
Konkurrenten nämlich in ganz verschiedenen Zonen der Meere.
Augenscheinlich ist jedenfalls die Tatsache, dass dort, wo 80 Prozent der
Fischer unterwegs sind, sich nur sehr wenige Meeressäuger aufhalten.
Umgekehrt jagen die Tiere dort nach Fisch, wo die Fischer nicht
hinkommen.
Die globale Studie, die von der Meeresbiologin Kristin Kaschner von der
University of British Columbia in Vancouver nun veröffentlicht wurde, hat
es auf den Punkt gebracht: 99 Prozent der Meeressäuger jagen nach ihrer
Nahrung in Gebieten, die als kommerziell fischarm gelten. Die Forscherin
hatte 115 verschiedene Meeressäugetierarten untersucht, die jährlich etwa
800 Mio. Tonnen Fisch vertilgen. Die Ausbeutung durch den Menschen
beträgt im Vergleich dazu ein mattes Zehntel. Genaue Vermessungen der
Vorkommen, mit Wassertiefe, Temperatur und der Distanz zur Eisschicht
haben ein Bild ergeben, das zumindest Hinweise darauf gibt, wie diese
Tiere leben und jagen. Die Forscherin teilte daraufhin die Meere der Welt
in 180.000 rechteckige Felder auf und berechnete die voraussichtliche
Verteilung der Meeressäuger anhand der Daten zu Wassertiefe, Temperatur
und Eisnähe. Die Ergebnisse entsprachen ziemlich eindeutig denen, die die
International Whaling Commission (IWC) und andere Forschungsinstitute
geliefert hatten.
Die Forscherin gibt zu, dass die Beobachtungen sehr abstrakt seien und
eher dem Bild einer "Wetterkarte" gleichen. Einige der Gebiete, in denen
reiche Fischvorkommen sind, wie etwa im Bering-Meer, in der Gelben See
westlich von Korea und rund um Island gelten als solche typischen
"Konfliktzonen" zwischen Fischern und Meeressäugern. Diese müssten
wesentlich genauer studiert werden, räumt sie ein. Dazu zählen etwa die
Küsten vor Alaska, in denen Stella-Seelöwen ihre Jungen aufziehen und den
Fisch dringend in ihrer Nähe brauchen.
Die Forscherin räumt aber auch ein, dass die kommerzielle Fischerei immer
noch zahlreiche Meeresgebiete zerstören. So hinterlassen etwa
Tiefenschleppnetze fürchterliche Zerstörungen am Meeresgrund, die
langfristige negative Auswirkungen auf den gesamten Lebensraum haben.
"Wenn es tatsächlich Konflikte zwischen Tier und Mensch gibt, sind diese
nicht auf der globalen Ebene, sondern auf lokaler Ebene", so Phil
Hammond, Experte für Meeressäuger am Sea Mammal Research Unit an der
University of St. Andrews in Schottland.