London - Eine fürsorgliche Mutterschaft kann
den Einfluss eines Aggressions-Gens aufheben, ist das Ergebnis einer
neuen Studie des US National Institute of Child Health and Human
Development http://www.nih.gov in Bethesda, Maryland, die damit zu der
Diskussion "Natur versus Pflege" beiträgt. "Das Prinzip der Erziehung ist
wichtig und kann nicht nur auf das Verhalten Einfluss nehmen, sondern
auch auf hormonelle Aktivitäten, die Chemie, die Struktur sowie die
Funktion des Gehirns", so der Forscher Stephen Suomi im Rahmen einer
Pressekonferenz in London.
Bei dieser Konferenz gab Suomi außerdem bekannt, dass seine Ergebnisse
jene einer Studie aus dem Jahr 2002 von Terrie Moffitt am Institute of
Psychiatry des King´s College London http://www.iop.kcl.ac.uk
widerspiegeln. Moffitt und ihre Kollegen hatten 26 Jahre lang das Leben
von 1.037 Kindern verfolgt, die 1972 in Dunedin, Neuseeland, geboren
wurden. Sie fanden heraus, dass diese eine Neigung zu Aggressivität und
asozialem Verhalten hatten, wenn sie eine "kurze" Version des so
genannten MAOA-Gens geerbt hatten. Dieses produziert Monoamin-Oxydase A
(MAOA), ein Enzym, das zum Abbau von Neurotransmittern wie Serotonin
beiträgt.
Doch die Träger dieses Gens gerieten nur aus der Bahn, wenn sie eine
schreckliche Erziehung erlebten. Kinder, die eine gute Erziehung
genossen, waren gewöhnlich völlig normal, zeigte die Neuseeland-Studie.
Nun hat Suomi diese Erkenntnisse an Affen wiederholt und gezeigt, dass
die Träger des "kurzen" MAOA nur böses Verhalten zeigten, wenn ihnen eine
liebevolle Mutter versagt blieb. Daher stammt die Aussage Suomis, eine
gute Erziehung habe einen dämpfenden Effekt.
Auf die Frage, was seine Erkenntnisse für Menschen bedeuten, antwortet
Suomi nur zögerlich: "Analysen über die Grenzen verschiedener Spezies
hinweg sind sehr gefährlich." Aber es sei eine offensichtliche Folgerung,
dass das "schlechte" Gen auch beim Menschen durch eine gute Erziehung in
Schach gehalten werden kann. Die Forscher hoffen, dass ihre Erkenntnisse
zur Entwicklung von Medikamenten führen, die die "schlechten" Gene
kompensieren oder zu pränatalen Tests, die sicherstellen sollen, dass
Kinder mit einem derartigen Risiko eine optimale Erziehung in ihren
ersten beiden Lebensjahren erhalten.