Reykjavik - Ein umfassender
wissenschaftlicher Bericht kommt zu dem Schluss, dass sich die nördliche
Eisdecke doppelt so schnell erwärmt wie der Rest der Welt und dass das
zu ernsten Konsequenzen für den Planeten führt. Diese inkludieren einen
erheblichen Anstieg der Meeresspiegel und eine Intensivierung der
globalen Erwärmung durch Rückkopplungseffekte, obwohl es auch Vorteile
gibt. Die vierjährige wissenschaftliche Erhebung wurde von einem
internationalen Team von 300 Wissenschaftlern für das Arktische Konzil
http://www.arctic-council.org/index.html , das aus acht Nationen
besteht, die über einen Zugang zur Arktis verfügen, durchgeführt.
Jennifer Morgan vom WWF (World Wildlife Fund) http://www.wwf.org ,
Zuständige für den Klimawandel, kommentiert den aktuellen Bericht
folgendermaßen: "Das große Schmelzen hat begonnen. Die Industrieländer
führen ein unkontrolliertes Experiment durch, um die Effekte des
Klimawandels zu studieren, und die Arktis ist ihr Versuchstier. Das ist
unethisch und falsch. Sie müssen die CO2-Emissionen sofort eindämmen."
Die Wissenschaftler haben fünf Klimamodelle erstellt. Eines dieser
Modelle sagt vorher, dass die Arktis 2070 so warm sein wird, dass im
Sommer gar kein Eis mehr vorhanden ist. Ein anderes geht davon aus, dass
die Eisverteilung der Arktis bis 2100 um 50 bis 60 Prozent zurückgehen
wird.
Die Arktis wird der erste Teil der Erde sein, der von der globalen
Erwärmung betroffen ist, weil die Erwärmung am nördlichen Pol durch
Rückkopplungseffekte verstärkt wird. Schnee und Eis reflektieren 80 bis
90 Prozent der Sonnenstrahlung zurück in den Weltraum. Wenn diese weißen
Oberflächen verschwinden, wird mehr solare Strahlung vom darunter
liegenden Land oder Meer als Hitze absorbiert. Diese Hitze wiederum
schmilzt mehr Schnee und Eis. Ein anderer Grund für die Sensibilität der
Arktis ist, dass die Luft extrem trocken ist. Das bedeutet, dass weniger
Energie benötigt wird, um Wasser zu verdampfen. Diese bleibt als Hitze
übrig.
Eine wärmere Arktis hat viele Konsequenzen. "Es ist eine Wertfrage. Für
die Ölindustrie ist es ein Vorteil, wenn das Eis verschwindet, weil der
Zugang zu Öl- und Gasreserven verbessert wird", erklärt der
Vizevorsitzende des Komitees für den Bericht Pal Prestrud. 25 Prozent
der verbleibenden Reserven befinden sich in der Arktis. Dagegen sind die
Inuit, die am Eis leben, nachhaltig bedroht. Das schmelzende Eis und das
Auftauen der Tundra hat einen großen Einfluss auf wild lebende Tiere.
Spezies wie der Eisbär und viele Tausende andere sind höchst gefährdet.