Nairobi/Washington/Wien - Täglich wird pro Minute ein Kind unter 15 Jahren mit HIV infiziert. Aids tötet jeden Tag 1.400 Kinder und fordert jährlich mehr als eine halbe Mio. junger Leben. Bürokratie, Arbeiten in die falsche Richtung und schwache Führungskräfte sind Gründe dafür, dass die gebrauchten Medikamente nicht an die Ärmsten gelangen, berichtet die International Treatment Preparedness Coalition ITPC http://aidstreatmentaccess.org . Das WHO-Projekt http://www.who.int/3by5/en hat bis Ende 2005 drei Mio. HIV-Infizierten geholfen.
"Das sind traurige Fakten, die direkt von der Frontlinie kommen", meint Paul Zeitz, Direktor der Non-Profit-Organisation Global Aids Alliance http://www.aidsalliance.org in Washington DC. Der ITPC-Bericht stammt von Mitarbeitern des Projekts HIV-Positive. Das Ziel drei Mio. Betroffene zu erreichen, wird allerdings bei weitem verfehlt, berichtet das Wissenschaftsmagazin Nature http://www.nature.com . Es ist noch schlimmer geworden, denn jüngste Statistiken der UNO zeigen, dass sich 2005 zusätzlich zu den 40 Mio. HIV-Positiven weitere fünf Mio. Menschen mit dem Virus infiziert haben.
"Ohne Tests und Pillen werden Millionen ihren zweiten Geburtstag nicht erleben, weil lebensverlängernde Medikamente fehlen", warnt die internationale Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen http://www.aerzte-ohne-grenzen.at . Aufgefordert werden Pharmafirmen, kindgerechte Versionen aller Medikamente für HIV/Aids zu entwickeln. Zudem werden dringend einfache und erschwingliche Tests benötigt, um die Krankheit bei Babys in ärmeren Ländern sicher nachweisen zu können. Da für Kinder keine dosierten Kombinationspräparate bereit stehen, müssen die Erwachsenentabletten mit Mörsern zerkleinert werden", berichtet Rachel Thomas, medizinische Koordinatorin von Ärzte ohne Grenzen in Nairobi. Eine Unterdosierung könne zur Bildung von Resistenzen der Viren gegen die Medikamente führen, eine Überdosierung könne hingegen schädlich für die Kinder sei. Für Babys unter 18 Monaten gebe es keine Tests. Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen behandelt derzeit rund 57.000 Menschen mit HIV/Aids in 29 Ländern. Kinder machen sechs Prozent dieser Patienten aus.
"In Industrieländern gibt es fast keine HIV-Fälle bei Neugeborenen mehr, denn die rechtzeitige Feststellung verhindert die Infektion", so der Mediziner und Aids-Experte Anton Petter im pressetext-Interview. Petter hat für die Hilfsorganisation zweieinhalb Jahre in Uganda, Tansania und Südafrika gearbeitet. Da wenig Profit bei der Entwicklung von Tests und Medikamenten für Kinder in ärmeren Ländern zu erwarten ist, investieren nur wenige Unternehmen in diesen Bereich. "Ärzte ohne Grenzen hat die Politik und die Industrie wiederholt aufgefordert, kindgerechte Tabletten zu entwickeln", beklagt Thomas. Statistiken sprechen davon, dass neun von zehn Kindern, die mit HIV/Aids zur Welt kommen, in Afrika leben.
Ein endgültiges Heilmittel gegen Aids gibt es nicht, aber die Krankheit ist behandelbar geworden. Aids sei mit Diabetes vergleichbar, meint Petter. "Wenn dem Patienten im Falle von Aids die Medikamente verabreicht werden, wird es zu einer behandelbaren chronischen Erkrankung." In den vergangenen Jahren habe sich auch die Zahl der einzunehmenden Medikamente deutlich verringert, erklärt der Mediziner abschließend.