Washington - Die Wintertemperaturen in der Antarktis sind in den vergangenen 30 Jahren um mehr als zwei Grad Celsius gestiegen, berichtet ein US-Forscherteam in der jüngsten Ausgabe des Wissenschaftsmagazins Science http://www.sciencemag.org . Der rasante Temperaturanstieg wurde über dem gesamten Kontinent und über weiten Teilen der südlichen Ozeane gemessen, berichten die Forscher um John Turner von der British Antarctic Survey BAS http://www.antarctica.co.uk .
Die unerwartet hohen Temperaturen geben den Forschern Rätsel auf und stellen bisherige Klimamodelle in Frage. In manchen Teilen der Antarktis - etwa auf der antarktischen Halbinsel - haben die Wintertemperaturen um mehr als 2,5 Grad Celsius in den vergangenen 50 Jahren zugenommen. Einerseits könnte die vermehrte Einbringung von Treibhausgasen verantwortlich sein, andererseits könnten auch natürliche Schwankungen des antarktischen Klimasystems diesen Temperaturanstieg bewirken. Bisher war über die Lufttemperaturen in der Antarktis relativ wenig bekannt.
In der jüngsten Forschungsarbeit wurden Daten von Wetterballons, die von neun Forschungsstationen in den Wintern zwischen 1971 und 2003 gestartet wurden, ausgewertet. Besonders interessierten sich die Forscher für die mittlere Troposphäre in etwa fünf Kilometer Höhe. In dieser Region kommt es zum Wärmeaustausch zwischen der Erdoberfläche und der Atmosphäre. In ersten Analysen konnten die Forscher feststellen, dass dort in den vergangenen 30 Jahren die Temperaturen zwischen 0,5 und 0,75 Grad Celsius gestiegen sind. "Das, was wir nun gemessen haben, ist die größte regionale Erwärmung der Erde", erklärt Turner. Es sei sehr schwer zu beurteilen, ob diese Temperaturanstiege durch Menschenhand oder aufgrund natürlicher Veränderungen passieren. Nach den nunmehrigen Ergebnissen lassen sich auch die vom Intergovernmental Panel on Climate Change IPCC erstellen Modelle nicht mehr erklären. "Entweder sind diese Temperaturanstiege ein Resultat der natürlichen Fluktuationen in der Antarktis, oder unsere Klimamodelle sind einfach inadäquat", so der Forscher.
"An den Polen gibt es mit den gängigen Klimamodellen immer wieder Probleme", meint der Klimaexperte Herbert Formayer von der Wiener Universität für Bodenkultur http://www.boku.ac.at im pressetext-Interview. Er sieht allerdings nicht wirkliche Widersprüche zu den gängigen Klimamodellen. "Mit dem Wetterbeobachtungssystem ERA40 beispielsweise, das den Ist-Zustand misst, konnten solche Trends bereits erkannt werden." Formayer zeigt sich von den Ergebnissen dieser Erwärmung nicht überrascht. In dem Forschungsbericht sei aber sehr ablesbar, dass diese Erwärmung auf die Veränderung der Treibhausgaskonzentration zurückzuführen wären, meint Formayer. Der Wissenschaftler hat gemeinsam mit Helga Kromp-Kolb von der Universität für Bodenkultur in Wien das "Schwarzbuch Klimawandel" ediert ( pressetext berichtete http://www.pressetext.at/pte.mc?pte=050416005 ).