Berlin - Menschen, die täglich zwei bis drei Gläser Bier oder zwei Gläser Wein trinken, gehen das Risiko von Lungen-Komplikationen nach Operationen ein. Zu diesem Ergebnis sind Forscher der Charitè - Universitätsmedizin Berlin gekommen. "Wir sprechen hier von 60 Gramm Alkohol pro Tag, was ungefähr der Menge von zwei bis drei Gläsern Bier entspricht", so Claudia Spies, Leiterin der Klinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin, im Gespräch mit pressetext.
Die Schwächung des Immunsystems durch Alkohol konnten die Wissenschafter anhand von Mäusen nachweisen, die sie zunächst an Alkohol gewöhnten. Daraufhin führten sie an den Mäusen einen kleinen Eingriff durch und setzten sie einem sehr häufigen Lungenentzündungs-Erreger aus. Im Blut der Alkohol-Mäuse fanden die Forscher eine große Menge an Abwehr-Botenstoffen Interleukin 6 und 10. Trotzdem waren sie deutlich häufiger lungenkrank als ihre Artgenossen. Eine ähnliche Reaktion konnten die Forscher auch bei jenen Menschen feststellen, die vor Operationen häufig Alkohol tranken. "Wir sprechen hier von alkoholkranken Menschen, die nach Operationen besonders anfällig für Infektionen - besonders für Lungenentzündungen sind. Menschen, die Probleme mit Alkohol haben oder den Konsum von Alkohol nicht mehr kontrollieren können, sollten unbedingt Hilfe aufsuchen. Es gibt bereits Therapie-Programme, in denen man innerhalb sieben Tage einen Entzug durchmacht", so Spies.
Die Forscher planen nun, Medikamente zu entwickeln, die später auch das Immunsystem frisch operierter Patienten bei der Abwehr gefährlicher Erreger unterstützen sollen. Spies rechnet mit den ersten Ergebnissen Anfang nächsten Jahres. "Es gibt zwar schon verschiedene Medikamente auf dem Markt, diese stecken aber noch in der Entwicklungsphase", so Spies. Das Problem mit Alkohol in Kliniken ist kein neues: "Etwa 50 Prozent aller Patienten, die als Notfall eingeliefert werden, haben Alkohol im Blut". Dennoch sollten jene, die ihre Operation planen können, in den Monaten zuvor ihren Alkoholkonsum einschränken, aber nicht völlig darauf verzichten, erklärt Spies. "Auch der Schock eines Entzugs kann nachteilig wirken."
Gegenüber pressetext stellt Spies klar, dass es wichtig sei, dass vor einer Operation eine Stressreduktion beim Patienten stattfindet. "Jede Stressvermehrung vor einer Operation ist zu vermeiden - besonders bei alkoholkranken Menschen - da es durch Stress leichter zu Komplikationen kommen kann". Ihr Appell richtet sie aber auch an die Ärzte: "Sie müssen alle Patienten vor der Operation eingehend nach ihren Trinkgewohnheiten fragen. Es kann Leben retten, wenn man auf Komplikationen vorbereitet ist."