Basel - Die weit verbreitete Ansicht, dass die REM-Schlafphase für die Gedächtnisbildung verantwortlich sei, haben nun Basler Forscher auf den Kopf gestellt: Versuchspersonen, bei denen diese Phase unterdrückt wurde, wiesen sogar bessere Gedächtniswerte auf. Damit wurde erstmals die Bedeutung des Schlafes außerhalb der Traumphase für das Gedächtnis erhoben.
Die Schlafphase REM, benannt nach den schnellen Augenbewegungen, die der Mensch in diesem Zustand ausführt, gilt als besonders wichtig für die Gedächtnisleistung. Dass dies nicht unbedingt zutrifft, hat Björn Rasch von der Universität Basel nun festgestellt. Er bezeichnete bisherige Studien, die zu diesem Ergebnis kamen, als "irreführend", da man die Versuchstiere - meist Ratten - unter hohen Stress gestellt hätte. "Man ließ sie auf einem Blumentopf schlafen und ins Wasser plumpsen, sobald sie die REM-Phase erreichten", kritisiert der Gehirnforscher im pressetext-Interview. Vielmehr sei das Gegenteil der Fall: Das Gedächtnis funktioniere auch bei unterdrückter REM-Phase gut.
Zur Bestätigung seiner Hypothese ließ Rasch 30 Versuchspersonen Wortpaare lernen und einen Klavierlauf einüben. Vor dem Einschlafen im Schlaflabor verabreichte er einem Teil der Gruppe ein Antidepressiva, dem anderen ein unwirksames Placebo. Zwei Tage später lud er die Probanden wieder ein und testete, was sie noch wussten. Überraschenderweise zeigten Probanden ohne Traumschlaf keine Gedächtnisstörungen, sondern waren teilweise in motorischen Tests sogar überlegen.
"Das zeigt die Bedeutung von Non-REM-Schlaf für die Gedächtnisbildung", so Rasch zu pressetext. Das sei eine beruhigende Nachricht für alle, die Psychopharmaka schlucken müssen, so der Wissenschaftler: "Der Mangel an REM-Schlaf, den die Medikamente hervorrufen, verursacht keine Gedächtnislücken." Nach welchen Mechanismen das Gedächtnis nun tatsächlich gebildet werde, sei jedoch weiterhin eine "offene Frage".
Trotz der positiven Ergebnisse der Versuchspersonen ohne REM-Schlaf sei es dem Basler Wissenschaftler zufolge "kein sinnvoller Weg zu einem besseren Gedächtnis", diese Schlafphase bewusst zu unterdrücken: "Wer sie überspringt, fühlt sich nachher nicht fit. Hier werden Emotionen verarbeitet, die auch eine wichtige Komponente für viele Gedächtnisleistungen darstellen." Schülern und anderen Viellernern empfiehlt Rasch, vor Prüfungen nicht die ganze Nacht durch zu büffeln, sondern Körper und Geist die nötige Ruhepause zu geben: "Der natürliche Schlaf ist die beste Methode, um das Gedächtnis zu fördern." Denn besonders in der Tiefschlafphase stabilisiere das Gehirn seine neu erhaltenen Informationen.