R E Z E N S I O N - Linus Torvalds mag
keine Journalisten - und keine Anzugträger. Überhaupt ist der 31-jährige
Finne, der vor zehn Jahren völlig unbeabsichtigt das freie Betriebssystem
Linux entwickelte, offenbar ganz anders, als es die Medien zu wissen
glauben. "Ich finde diese Geschichten, die mich als aufopfernden Mönch
oder Heiligen hinstellen, für den Geld einfach keine Bedeutung hat,
höchst seltsam ... Ich will nicht der Mensch sein, zu dem mich die Presse
machen will", schreibt Torvalds in seiner Autobiografie "Just for Fun"
und versucht auf 265 Seiten Legenden zu zerstören.
Linus bezeichnet sich in seinem Buch immer wieder als Freak, als Nerd,
als Geek, als Hacker oder einfach als Programmierer. Mehr, so scheint es,
wollte er und will er nicht sein. Eigentlich gäbe es nicht viel
Außergewöhnliches über den blassen Durchschnittmenschen mit großer Nase
und großer Brille zu erzählen, hätte er nicht "die Computerwelt
revolutioniert", wie es im Titel heißt. Linux läuft heute auf rund zwölf
Mio. Rechnern, sowohl im Server- als auch im Anwenderbereich und Torvalds
ist zum "Volkshelden" der Open-Source-Entwicklergemeinde geworden.
Die noch kurze Lebensgeschichte, beginnend von der Kindheit in Finnland
über seine verschrobenen Teenager-Jahre bis zum Herumbasteln an Linux,
fände auf nur wenigen Seiten Platz. Co-Autor David Diamond vom Red
Herring Magazin zwang Linus zur detaillierten Ausführlichkeit, die dem
eher zugeknöpften Finnen offensichtlich schwer fiel: Sätze wie "Ich war
ein hässliches Kind" oder "Im Prinzip tat ich vier Jahre nichts anderes,
als vor dem Computer zu sitzen" verbergen mehr als sie verraten. Die
Familie (Mutter, Vater, Schwester, Gattin, Töchter) wird zurückhaltend,
aber sehr elegant und menschlich in die Story eingebettet.
Echte Linuxianer, immer noch überwiegend männlich, dürften sich ohnehin
weniger für den Privatmann Linus sondern mehr für die 80 Seiten in
"mittelschwerer Geek-Sprache" (Warnung des Autors vor allzu technischem
Inhalt) interessieren. Was unter dem Kapitel "Geburt eines
Betriebssystems" folgt, ist eine Chronologie der "Lebensphasen" der drei
Computer im Zimmer von Linus. Beginnend vom geerbten VIC-20 seines
Großvaters über den schicken Sinclair QL bis zum ersten 386-er
NoName-Computer beschreibt ein Freak für Freaks alle Vor- und Nachteile
der Maschinen. Und plötzlich passierte Linux, als irgendwann ein
Terminal-Emulator her musste. Was aus der Not entstand, war ein ganzes
Betriebssystem und Linus stellte am 17. September 1991 die Version 0.01
ins Netz.
"Und, ja, ich hätte die ganze Kein-Geld-Sache zweifellos anders
angepackt, wenn ich nicht unter dem Einfluss meines Großvaters, einem
eingefleischten Akademiker, und meines Vaters, einem eingefleischten
Kommunisten, erzogen worden wäre", übt sich Linus in Understatement.
Tatsächlich, so heißt es wiederum rufzerstörend an anderer Stelle, sei
der Erfolg von Linux auf seine persönlichen Unzulänglichkeiten zurück zu
führen: "Erstens bin ich faul und zweitens genieße ich es, Anerkennung
für die Arbeit anderer einzuheimsen." Angesichts dieser Aussagen
verlieren die seitenlangen Plädoyers für Open Source und die vereinzelten
Sticheleien auf Sun, Microsoft und Co wohl an Schärfe. Torvalds,
mittlerweile als Mitarbeiter bei Transmeta im Silicon Valley und als
Aktienbesitzer selbst zum Vielfach-Millionär geworden, dürfte die eine
oder andere Widersprüchlichkeit in seinem Buch herzlich egal sein. Lautet
doch sein erklärter Sinn des Lebens: Just for fun. Einfach so zum Spaß.
Die im Hanser-Verlag http://www.hanser.de in deutscher Sprache
erschienene Autobiografie "Just for fun. Wie ein Freak die Computerwelt
revolutionierte" ist im Fachhandel zum Preis von 39,80 Mark / 291
Schilling / 36,80 Franken erhältlich.