Phoenix - Die Entscheidungsfindung in einer Gruppe von Ameisen ist rationaler als beim Menschen. Zu diesem Schluss kommen US-amerikanische Forscher im Journal Proceedings of the Royal Society: Biological Sciences. Tests mit Ameisen haben gezeigt, dass deren Individuen bloß eine einzige Entscheidungsmöglichkeit besitzen. Der gesamten Ameisengruppe hilft diese Einschränkung jedoch dabei, ihre Entscheidungen zu optimieren und so die Fehlerquote für das Individuum zu minimieren. Diese Ergebnisse geben Einblick, wie kollektive Entscheidungen zustande kommen und sollen auch der Entwicklung künstlicher Intelligenz auf die Sprünge helfen.
"Die höhere Rationalität bei Ameisen kommt dadurch zustande, dass sich diese Tiere bei Entscheidung der gesamten Kolonie durch die Interaktionen zwischen vielen schlecht informierten Tieren organisiert", so Studienleiter Stephen Pratt von der Arizona State University http://www.asu.edu . Die Biologen untersuchten die Ameisenart Temnothorax curvispinosus, die in kleinen Hohlräumen wie etwa in Eicheln lebt und bei der Suche nach neuen Schlafplätzen sehr einfallsreich ist. Die Forscher stellten einer Kolonie dieses Tieres die Aufgabe, aus zwei ähnlichen Optionen für einen Nestplatz die bessere zu wählen.
"Rationalität bedeutet hier, dass Individuen mit dem größten Erfolg auf ihrer Entscheidung beharren", erklärt der US-Forscher. Zur Maximierung ihrer Überlebensrate erstellen Tiere eine Rangliste von Optionen, was sowohl Nahrungsquellen als auch Geschlechtspartner oder Nistplätze betrifft. Irrational wäre es hingegen, die Reihenfolge der Optionen an verschiedenen Tagen zu ändern, ohne dass sich diese in ihrer Bedeutung für das Überleben geändert hätten. Dümmer als Ameisen sind wir Menschen zwar nicht, doch unsere Auswahl erfolgt gerade in schwierigen Entscheidungen oft nach irrationalen Kriterien. "Menschen denken meist, es sei vorteilhaft, mehrere individuelle Optionen, Strategien und Zugangsweisen zu besitzen. Doch irrationale Fehler entstehen eher dann, wenn Individuen direkt zwischen Optionen vergleichen", so Pratt.
Künstliche Intelligenz halten die Forscher als eine mögliches Umsetzungsgebiet für ihre Erkenntnis, dass strategische Einschränkungen des Individuums der gesamten Gruppe beim Lösen einer gemeinsamen Aufgabe hilft. "Eine Schlüsselidee der kollektiven Robotik ist, dass individuelle Roboter ruhig sehr einfach sein dürfen. Wird jedoch eine größere Zahl solcher Roboter zusammengeschlossen, kann dies zu einem komplexen, intelligenten Ergebnis führen, ohne dass eine komplexe zentrale Kontrollstelle nötig ist", so Pratt. Allerdings könnten die Erkenntnisse kaum menschliche Sozialsysteme erklären, relativieren die Forscher ihre Ergebnisse.