Zwillinge streicheln einander im Mutterleib
Ultraschall zeigt gezielte Kontaktaufnahme zwischen den Embryos
Zwillinge: Treten von Anfang an miteinander in Kontakt (Foto: pixelio.de/Beger)
Padua/Braunschweig - Zwillinge nehmen sich schon im Mutterleib wahr. Sie ertasten und streicheln einander und unterscheiden zwischen sich selbst, Mutterbauch und ihrem Geschwisterchen. Das berichten Forscher der Universität Padua http://www.unipd.it im Journal PloS One. Sie filmten fünf embryonale Zwillingspaare jeweils in der 14. und 18. Schwangerschaftswoche mit 4D-Ultraschall und analysierten im Anschluss ihre Bewegungen. Sichtbar wurden dabei gezielte Berührungen des Zwillingspartners. Die Wissenschaftler um Umberto Castiello folgern, dass sich unser Gehirn bereits im Embryonalstadium für Sozialkontakte vorbereitet.
In den jeweils 20-minütigen Videos analysierten die Forscher jeden einzelnen Körperkontakte. Bereits in der 14. Schwangerschaftswoche, noch stärker jedoch in der 18. zeigte sich, dass die Embryos ihren Bruder bzw. ihre Schwester öfter berührten als ihren eigenen Körper. 30 Prozent der beobachteten Zeit griffen sie nach ihrem Geschwisterchen - und zwar deutlich anders als beim unvermeidbaren, zufälligen Kontakt zweier Körper in beschränktem Raum. Wenn sie in die Augenregion des Zwillingspartners kamen, fielen die Berührungen genauso vorsichtig aus wie wenn sie auf die eigene Augenhöhle griffen.
Ausgleich für halbe Zuwendung der Mutter
Die Entwicklungspsychologin Meike Watzlawik von der TU Braunschweig http://www.tu-braunschweig.de glaubt nicht, dass Zwillinge durch den Kontakt im Mutterleib einen Vorsprung im späteren Leben haben. "Im Jugendalter verhalten sich Zwillinge in ihren Sozialkontakten oder in ihrer Extrovertiertheit genauso wie andere auch. Auch auf ihre Beziehung zueinander hat die Zeit im Bauch kaum Einfluss. Denkbar ist aber, dass sie dadurch als Säuglinge den Nachteil ausgleichen, dass sie nicht die ungeteilte Aufmerksamkeit der Mutter bekommen", so die Expertin für Zwillingsverhalten gegenüber pressetext.
Interessant sind die Ergebnisse für Watzlawik besonders für die Erforschung der Identitätsbildung. "Bisher hat man vor allem das Blick- und Nuckelverhalten von Säuglingen untersucht, wenn man die Unterscheidung des Selbst von den Anderen prüfte. Dass diese Fähigkeit schon derart früh im Mutterleib beginnt, wurde bisher noch selten bewiesen", erklärt die Psychologin.
Originalstudie unter http://www.plosone.org/article/info%3Adoi%2F10.1371%2Fjournal.pone.0013199
Quelle: Pressetext Austria, erschienen am 3.12.2010
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