Wien/Essex - Die Umweltorganisation
Greenpeace http://www.greenpeace.org hat zum gestrigen Welternährungstag
eine umfassende Studie der Universität von Essex http://www.essex.ac.uk
vorgestellt. Demnach werde Gentechnologie nicht wesentlich zur
Verbesserung der Welternährungssituation beitragen. Der Schlachtruf der
Gentech-Industrie "Die Gentechnik werde die Welt ernähren" sei lediglich
ein Vorwand der Saatgut- und Lebensmittelkonzerne, heisst es in der
Aussendung.
Als Beispiel wird in der Studie gezeigt, dass naturnahe Landwirtschaft
den Hunger besser und effektiver besiegen kann als industrieller Landbau,
der zusätzlich noch eine Bedrohung der Artenvielfalt darstellt. So gelang
es Bauern im Hochland von Bolivien mit Hilfe der bisher ungenutzten
Lupinienart Tarwi den Ertrag bei der Kartoffelernte zu steigern. Wenn
Tarwi als Düngepflanze eingesetzt wird, kann der ertrag auf das Doppelte,
zum Teil sogar dreifache ansteigen, so der Forschungsbericht.
Auch in Äthopien, einem Land, das von Hungerkatastrophen besonders arg
betroffen ist, lagern im Institut für die Erforschung und Bewahrung der
Artenvielfalt, Samenkörner ehemaliger regionaler Nutzpflanzen. "Äthiopien
war die Wiege vieler Getreidesorten", so ein Experte. Dieser Genschatz
kann aber nicht nur als Saatgut archiviert werden. Auch das Wissen der
Bauern über ihre lokalen Sorten gilt es zu konservieren."
Artenvielfalts-Forscher haben festgestellt, dass diese Sorten zum Teil
besser für die schwierigen Anbaubedingungen geeignet sind, als neueste
Hybrid-Hochleistungssaatgüter.
"Fast alle genetisch veränderten Nutzpflanzen, die heute angeboten
werden, zeichnen sich entweder durch ihre Widerstandskraft gegenüber
einen bestimmten Unkrautvernichter aus, oder sie enthalten Erbanlagen für
das Insektengift bt-Toxin. Ziel der genetischen Veränderungen sind
schlichtweg rationelleres Arbeiten auf dem Acker", so Alexandra Rigos,
Greenpeace Gen-Expertin. Bei armen Kleinbauern, die sich weder Pestizide
noch Kunstdünger leisten können, nutze diese Art der Gentechnik nichts.
Darüber hinaus haben die Gentech-Pflanzen auch in der ersten Welt nicht
den Erwartungen entsprochen: beim Anbau von Gen-Soja müssen um elf
Prozent mehr Unkrautvernichter eingesetzt werden als bei konventionellen
Pflanzen, so das US-Landwirtschaftsministerium.
"Wer Hunger und Armut mit Gentechnik besiegen will, macht sich
Illusionen", so Gentech-Experte Thomas Fertl zu pte. Die Politiker müssen
Projekte nachhaltiger Landwirtschaft mehr fördern, statt den Interessen
der Agrar-Konzerne in die Hände zu spielen. Die Bauern verfügen über ein
enormen Wissen über naturnahe Landwirtschaft. Es gilt dieses Wissen zu
nutzen und zusammen mit unabhängigen Wissenschaftlern weiter zu
entwickeln, so der Experte. "Die Agrar-Industrie beherrscht die Debatte
über Hunger und Armut. Es ist höchste Zeit, über andere Ansätze zur
Lösung des Problems zu diskutieren."
Weitere Informationen zur Studie der Universität von Essex:
http://www2.essex.ac.uk/ces/ResearchProgrammes/CESOccasionalPapers/SAFErepSUBHEADS.htm