London - Forscher um Juri Dubrova von der
University of Leicester http://www.le.ac.uk haben nach mehr als 50 Jahren
nach oberirdischen Atomtests Spuren der Strahlung im Erbgut der
kasachischen Bevölkerung gefunden. Die Genetiker entdeckten eine doppelt
so hohe Mutationsrate in der DNA von Menschen, die mit den Folgen
oberirdischer Nuklearversuche konfrontiert waren, so ein Bericht in der
aktuellen Online-Ausgabe von Nature http://www.nature.com .
Dubrova und seine Kollegen untersuchten das Erbgut von insgesamt 40
Familien, die in der Nähe des Semipalatinsk-Testgebiets in Kasachstan
leben. Die ehemalige Sowjetunion führte in diesem Gebiet zwischen 1949
und 1956 vier oberirdische Atombombentests durch, so die Forscher im
Fachmagazin Science (Vol. 295, S. 1037) http://www.sciencemag.org . Sie
bestimmten die Mutationsrate mit der so genannten Mikrosatelliten-DNA der
Familienangehörigen, das sind häufige Wiederholungen kurzer
Basensequenzen, die große Bereiche des Menschengenoms ausmachen.
Waren die Personen dem radioaktiven Fallout aller vier Explosionen
ausgesetzt, erhöhte sich die Mutationsrate in ihrer Mikrosatelliten-DNA
um 80 Prozent, so die Forscher. Nach 1950 geborene Personen, die
lediglich zwei Atomtests miterlebten, hatten eine im Gegensatz zur
Kontrollgruppe "nur" um die Hälfte angestiegene Mutationsrate in ihrem
Genom. Für die Genetiker ist dies Beweis genug, dass die Häufigkeit von
DNA-Veränderungen in einem direkten Zusammenhang mit der aufgenommenen
Strahlendosis steht. Es bestehe kein Zweifel, dass Mutationen des Erbguts
aus den vier überirdischen Atomtests resultieren. Die Forscher wissen
allerdings nicht, ob sich die Erbgutveränderungen auf die Gesundheit der
Betroffen ausgewirkt hat. Mit der Mutationsrate der Mikrosatelliten-DNA
könne nicht einfach auf die Mutation der Gene geschlossen werden.
1963 verpflichteten sich die USA und die Sowjetunion dazu, keine
Nuklearwaffenversuche an der Erdoberfläche, in der Atmosphäre, im
Weltraum oder unter Wasser mehr durchzuführen. Das
Semipalatinsk-Testgebiet wurde 1989 geschlossen. Die kasachische
Bevölkerung kämpft seitdem um finanziellen Schadenersatz und medizinische
Unterstützung.
http://www.nature.com/nsu/020204/020204-10.html