Tokio/Madrid/ Berlin - Mit einzelnen Störungen,
aber ohne das befürchtete Chaos haben Computeranlagen in aller Welt den
Übergang ins Jahr 2000 gemeistert. In Japan und in Spanien kam es zu
kleineren Problemen in Atomkraftwerken; die Sicherheit der Kraftwerke war
den Betreibern zufolge jedoch zu keinem Zeitpunkt gefährdet. Auch die in
Russland befürchteten Probleme in der Energieversorgung und bei den
Kernkraftwerken sind offenbar ausgelieben. Amerikanische und russische
Offiziere überwachten gemeinsam ihre strategischen Atomwaffen, um falsche
Interpretationen aufgrund von Jahr-2000-Pannen zu verhindern.
Im japanischen Atomkraftwerk Shika, 280 Kilometer nordwestlich von Tokio,
fiel wegen des Jahr-2000-Problems der auf zwei Stellen beschränkten
Datumsangaben ein Alarmsystem aus. Der Computer zur Verarbeitung der
gemessenen Strahlenwerte sei zehn Minuten nach Mitternacht ausgefallen,
sagte ein Sprecher der Betreibergesellschaft. Es sei nicht erforderlich
gewesen, die Anlage herunterzufahren. Ansonsten kam es in Japan zu
Unterbrechungen im Telefonnetz. Ministerpräsident Keizo Obuchi führte dies
aber auf die vielen Neujahrsanrufe zurück.
Zwei Störungen wurden aus spanischen Atomkraftwerken gemeldet: Im
zentralspanischen Zorita verweigerte eine computergesteuerte
Eingangskontrolle zwei Beschäftigten den Zutritt zu einem
Hochsicherheitsbereich. Und im nordspanischen Kraftwerk Garona musste die
Stromverteilung manuell geregelt werden, weil es bei der automatischen
Datenübertragung zu einer Panne kam. Die 29 russischen Atomkraftwerke
meldeten keine Probleme.
Eher peinlich als gefährlich war das Problem, das die offizielle Zeitangabe
der Vereinigten Staaten beim Wechsel ins Jahr 2000 hatte: Die Internet-Seite
des US Naval Observatory zeigte in den ersten Stunden des Neujahrstags das
Jahr 19100 an. Das astronomische Observatorium in Washington ist die
Behörde, die für die Regierung die Position der Erde, des Mondes, der
Planeten und Sterne bestimmt, um daraus die exakte Zeit zu berechnen. Auf
der Webseite war eine Uhr installiert, die die Sekunden bis zum Jahr 2000
herunterzählte. Für die falsche Angabe war ein Fehler bei der Programmierung
verantwortlich. Ähnliches geschah in Frankreich, wo ein Wettercomputer
kurzzeitig die Jahreszahl 19100 anzeigte. http://www.usno.navy.mil/
Außerdem ist es in Frankreich nach offiziellen Angaben bei mehreren Rechnern
des Bankensystems zu Problemen gekommen. Das französische Finanzministerium
teilte mit, mehrere Computersysteme hätten nach dem Jahreswechsel ein
falsches Datum angezeigt, ansonsten aber normal funktioniert. Die Rechner
seien angehalten worden, teilte das Ministerium mit. Weitere Details wurden
nicht bekannt. Insgesamt habe Frankreich den Jahreswechsel jedoch ohne
größere Computerprobleme verlebt.
Auch die weltweite Luftfahrtindustrie hat den Jahrtausendwechsel anscheinend
ohne Zwischenfälle gemeistert. Nach Angaben der UNO-Luftfahrtagentur ICAO in
Montreal wurden nach dem Jahreswechsel in der Greenwich Mean Time (01:00 Uhr
MEZ) weltweit keine Störungen im Luftverkehr durch das Jahr 2000-Problem
gemeldet. Die Luftfahrt richtet sich weltweit nach der Normzeit aus dem
britischen Greenwich. In zahlreichen Ländern waren wichtige Computersysteme
vor dem Jahreswechsel vorbeugend abgeschaltet worden. Mehrere Flughäfen und
U-Bahn-Betriebe wurden geschlossen. Regierungen und Unternehmen gaben
Schätzungen zufolge weltweit 500 Milliarden Dollar zum Schutz vor dem Jahr
2000-Problem aus.
Für Deutschland zog der Krisenstab in Berlin ein positives Fazit: Aus keinem
der 16 Bundesländer sind bis jetzt gravierende Zwischenfälle bei
Atomkraftwerken, Bahn, Luftverkehr und Stromversorgung gemeldet worden. Der
Jahr-2000-Stab des Bundesinnenministeriums wollte die Situation noch bis
Montag beobachten und dann Bilanz ziehen. Nach den positiven Erfahrungen der
Neujahresnacht würden aber für Deutschland keine größeren Schwierigkeiten
mehr erwartet. "Die Bandbreite des Risikos ist jetzt sehr begrenzt", sagte
Staatssekretär Alfred Tacke.