Tromsö - Wissenschaftler der
Radiation Protection Agency in Tromsö haben nahe der Insel Spitzbergen
hohe Konzentrationen von Radioaktivität in Pflanzen und im Vogelkot
gefunden. Die Forscher warnen davor, dass die verstrahlten Vogelabfälle
auch in die Nahrungskette des Menschen gelangen könnten, berichtet die
aktuelle Ausgabe des Wissenschaftsmagazins New Scientist
http://www.newscientist.com .
Das radioaktive Material in den arktischen Gebieten, das über den
Vogelkot, dem Guano, an Land kommt, stammt aus der Kara-See östlich der
Barents-See aus radioaktivem Abfall und wahrscheinlich noch aus dem
Kernkraftwerk Tschernobyl. Nach Angaben der Forscher können auch
natürliche Ursachen wie geologische Prozesse dazu beitragen. Mark Dowdall
von der norwegischen Radiation Protection Agency hat im Feldversuch
zwischen 2000 und 2002 am entlegenen Kongsfjord in Spitzbergen Boden- und
Pflanzenproben genommen und ausgewertet. Zwei Vogelkolonien von
Dreizehenmöwen, Papageientaucher (Foto) und Eissturmvögeln haben zehnmal
so hohe Konzentrationen an radioaktiven Isotopen hinterlassen wie jene,
die am anderen Ende der Insel gemessen wurden. Gefunden wurden dabei das
natürliche Radioisotop Uran-238, das gefährliche Radium-226, und
Cäsium-137, das in dieser Form nicht in der Natur vorkommt. Dowdall nimmt
an, dass diese Isotope aus Atomversuchen stammen, die vor Jahrzehnten
stattgefunden haben. Weitere Tests an der Vegetation haben ergeben, dass
die Pflanzen, die nahe der Vogelkolonie gedeihen, extrem hohe
Konzentrationen an Radioaktivität aufweisen. "Das bedeutet, dass die
niedrigen Radioaktivitäts-Werte in der arktischen Umwelt nicht niedrig
bleiben, sondern stärker konzentriert werden", so der Forscher.
Der Wissenschaftler nimmt an, dass die Vögel verstrahlte Fische und
Krustentiere als Nahrung aufnehmen und dann die radioaktiven Substanzen
ausscheiden. Der Vogelkot bringt in die ohnehin karge arktische Gegend
Nährstoffe, der für die Pflanzen den notwendigen Dünger darstellt. "Das
ist das große Problem, denn die Pflanzen sind Nahrung für viele höhere
Tiere wie etwa das indigene Rentier", so Dowdell. "Damit gelangen die
radioaktiven Substanzen in die Nahrungskette. Das ist ein sehr
empfindliches Ökosystem", erklärt der Wissenschaftler. Andere
Umweltforscher zeigen sich von den Ergebnissen des norwegischen Forschers
sehr interessiert. "Ich denke, dass nicht viele Forscher über den Weg
dieses Problems nachgedacht haben", so Scott Fowler vom International
Atomic Energy Authority Marine Environmental Laboratory in Monaco. Aber
bereits 1999 wurde in Tauben, die nahe der britischen
Atomwiederaufbereitungsanlage Sellafield nisteten, die 40-fache Menge des
EU-Grenzwertes für Cäsium-137 gefunden.