St. Louis - Die menschliche Intelligenz folgt
der Fähigkeit, sich geistig auf das Wesentliche zu konzentrieren. Eine
Studie der Washington University in St. Louis http://www.wustl.edu/ über
die Gehirnaktivität intelligenter Menschen legt nahe, dass diese in
komplizierten Situationen störende Aktivitäten im Gehirn einschränken und
sich dadurch auf wesentliche Teile der Information konzentrieren können.
Die Ergebnisse wurden im Fachblatt Nature Neuroscience veröffentlicht.
Jeremy Gray und seine Kollegen suchten nach Gründen für eine hohe
Intelligenz. Dafür wurden 48 Probanden im Alter zwischen 18 und 37 Jahren
einem geistig fordernden Test unterzogen. Die Versuchspersonen mussten
angeben, ob ein Wort jenem entspricht, das drei Stellen davor auf der
Liste stand. Jede 2,5 Sekunden wurde ein neues Wort ausgesprochen.
Erschwerend und für die Versuchsprobanden verwirrend kam hinzu, dass sich
einige Wörter nicht an dritter Stelle, sondern an vierter oder fünfter
Stelle wiederholten. Den Schwierigkeitsgrad vergleichen die Hirnforscher
mit der Aufgabe, erstmals ein neues Fahrziel anzusteuern und während der
Konversation mit anderen Fahrgästen die Richtung im Gedächtnis zu
behalten.
Um zu ergründen, warum manche Probanden bei den Tests trotz hohem
Schwierigkeitsgrad dennoch so gut abschnitten, beobachteten die Forscher
die Gehirnaktivität mit einem bildgebenden Verfahren (fMRI). Es zeigte
sich, dass der Test bei allen Versuchspersonen große Bereiche des
Scheitellappens (Parietalcortex) und des präfrontalen Cortex aktivierte.
Der präfrontale Cortex empfängt hochverarbeitete visuelle, auditorische
und somatosensorische Information und integriert diese laufend in
Hinblick auf die aktuelle Situation, in der sich der Mensch gerade
befindet. Bei jenen mit dem besten Gedächtnis überstiegen zudem einige
Hirnregionen in der Aktivität andere rege Abschnitte im Großhirn
deutlich.
Die Forscher gehen davon aus, dass es genau dieser Unterschied in der
Aktivität ist, der es einigen Probanden erlaubt, sich geistig auf die
Wortlisten zu fokussieren. Störende Impulse aus den benachbarten
Hirnarealen wurden von den stark aktivierten Gehirnzentren unterdrückt.
Dadurch kann sich das Gehirn seine limitierten Gedächtniskapazitäten für
die Wortlisten "frei" halten. Laut Gray und seinen Kollegen bedeutet ein
gutes Testergebnis eine hohe "fluide" Intelligenz. Diese erlaubt eine
schnelle Orientierung in komplizierten, neuen Situationen. Im Gegensatz
dazu zeugt die "kristalline Intelligenz" vor allem von einer guten
Schulbildung. Wie sich allerdings Menschen in einer gegebenen Situation
zurechtfinden, hängt aber noch von anderen Faktoren ab, erklären die
Hirnforscher. So unterliegt die fluide Intelligenz starken Schwankungen.
Eine gute Motivation bei einer schwierigen Aufgabe z.B. könne die fluide
Intelligenz sprunghaft ansteigen lassen.