Potsdam - Internationale Klimaforscher haben
in jüngsten Klimamodellen mithilfe von Computersimulationen ein neues
Bild der zukünftigen Umwelt gezeichnet: Insbesondere in den markanten
Landschaften wie der Sahara und der Tundra wird es nach Ansicht der
Wissenschaftler des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK)
http://www.pik-potsdam.de zu großen Veränderungen der Vegetation kommen,
berichten sie im Fachmagazin "Climatic Change" in der jüngsten Ausgabe.
Die Potsdamer Wissenschaftler haben gemeinsam mit einem Team von der
belgischen Universität Catholique de Louvain und dem amerikanischen
National Center for Atmospheric Research mithilfe eines Erdsystemmodells
die Wechselwirkungen zwischen Klimaerwärmung und Verschiebung der
Vegetationszonen in Nordafrika und Sibirien untersucht. "Erdsystemmodelle
sind erweiterte Klimamodelle, die das Zusammenspiel von Atmosphäre,
Ozean, Vegetation und Eismassen beschreiben", so Martin Claußen, Direktor
des PIK. Atmosphäre und Landoberfläche wirken in den beiden Regionen
intensiv miteinander, daher bezeichnen Forscher diese Regionen als
"Hotspots".
Beide Modelle zeigen, dass die erhöhte Kohlendioxid-Konzentration in der
Atmosphäre sowie die damit verbundene Erwärmung und die zunehmenden
Niederschläge in tropischen Gebieten die Vegetation am Südrand der Sahara
und in der Tundra besonders stark beeinflussen können. Das könnte zu
einem Wandel der Vegetation in beiden Regionen führen: Die mit Bäumen und
Gräsern bewachsene Savanne würde in die Wüste vordringen und die
bewaldete Taiga in die moos- und flechtenreiche Tundra. Die Verschiebung
der Vegetationszonen wirkt sich in den Modellen wiederum auf die
Atmosphäre aus: Die Savanne zieht mehr Niederschlag an und die
Ausbreitung der Nadelwälder führt zu einer weiteren Erwärmung der
nördlichen Breiten. "Diese Veränderung kann sich abrupt vollziehen, im
Falle der Sahara innerhalb weniger Jahrzehnte", meint Claußen, der auch
Leiter der Sahara-Studie ist. Die Erdgeschichte kenne solche plötzlichen
Klima- und Vegetationsänderungen. Vor etwa 11.000 bis 6.000 Jahren war
die Sahara deutlich grüner und die Wälder der Taiga wanderten nach
Norden. Für die Forscher steht fest, dass der Vegetationsvorstoß auf der
Nordhalbkugel durch eine Klimaerwärmung verursacht wurde.
Daher komme die Frage auf, ob Parallelen zwischen dem damaligen Klima-
und Vegetationswandel und dem der Zukunft bestehen, meint Claußen. "Die
Veränderungen sehen ähnlich aus, aber die physikalischen Mechanismen
spielen eine unterschiedliche Rolle", so PIK-Forscher Victor Brovkin, der
Autor der Tundra-Studie ist. "Entscheidend ist, dass die Modelle die
Vegetationsverschiebungen beschreiben können. Solche Studien helfen die
Vergangenheit zu verstehen und die Güte unserer Klimamodelle zu
überprüfen", führt der Wissenschaftler aus. "Es ist für uns wichtig zu
erkennen, dass Klimawandel nicht nur eine allmähliche Erwärmung bedeutet,
sondern auch mit Überraschungen einhergehen kann", meint PIK-Direktor
Claußen. Die Verschiebung der Vegetationszonen scheine eine solche
Überraschung zu sein, denn nach den Simulationen zu urteilen neigt die
Vegetation zu abrupteren Veränderungen als bisher vermutet.