Frankfurt/Mainz - Wissenschaftler der
Universität Mainz haben anhand von 8,2 Mio. Jahre alten Korallenriffen
vor der Insel Kreta wichtige Erkenntnisse über Klimamodelle erhalten. Die
Experten wollen damit der Frage nachgehen, welche Klimazustände auf der
Erde grundsätzlich möglich sind. Beim Jahrestreffen der paläontologischen
Gesellschaft in Mainz sollen dieses Thema und die Folgen für die
Biodiversität der Erde diskutiert werden. http://www.palaeo.de
Die Fragen, wie warm oder wie kalt es auf der Erde sein kann, bevor es zu
einer ökologischen Katastrophe kommen kann, oder wie schnell das
Weltklima von einer Warm- in eine Kaltphase wechseln kann, beschäftigen
die Experten. Die Korallenriffe Kretas eignen sich dafür besonders gut:
Sie sind sehr gut zugänglich und erlauben damit einen Einblick in die
damalige Welt und eine Rekonstruktion des damaligen Klimas. "Auch vor 8,2
Mio. Jahren traten jahreszeitliche Temperaturänderungen auf, die mit den
heutigen durchaus vergleichbar waren. Auch damals gab es mittel- und
langfristige Änderungen, die sogar zum zeitweisen totalen Absterben der
Korallenriffe führten", so Thomas Brachert vom Institut für
Geowissenschaften an der Universität von Mainz. Diese so genannten
Riffkrisen waren im ganzen Mittelmeer-Raum zu beobachten und gehen auf
globale Abkühlung zurück. "Tiefgreifende klimatische Änderungen im Klima
gab es auch ohne Einflussnahme des Menschen", führt der Experte aus.
Natürliche Klimaarchive haben oft den Nachteil, dass sie unvollständig
sind oder wie die Stärke von Jahresringen von Bäumen keine absoluten
Klima- oder Wetterdaten liefern. Rifforganismen wie Korallen oder
Schwämme bilden eine Ausnahme, da sie massive Skelette aus Kalk aufbauen.
Diese Korallenskelette haben einen schichtigen Aufbau, der den Wechsel
der Jahreszeiten widerspiegelt. "Die Schichten markieren jährliche
Zuwachsraten, analog den Jahresringen von Bäumen, denn bei kühleren
Temperaturen wuchsen die Korallen langsamer als bei wärmeren und damit
günstigeren klimatischen Bedingungen", führt der Experte aus. Mit
chemischen Methoden wie der Messung der
Sauerstoffisotopen-Zusammensetzung des Skelettkalkes können den
jeweiligen Lagen die damaligen Wassertemperaturen zugeordnet werden.
"Auch für derzeit lebende Korallen lässt sich über diese Methode der
jahreszeitliche Temperaturgang exakt rekonstruieren und der Zeitraum
verlässlicher Wetterdaten auf die vergangenen 500 Jahre ausdehnen", so
Brachert. Daher sind fossile Korallen aus der geologischen Vergangenheit
hervorragend als Klimazeugen geeignet.
"Korallenriffe sind in der Erdgeschichte und heute wichtige Klima-Puffer,
da sie über geologische Zeiträume vulkanisch freigesetztes CO2 in großem
Umfang in ihre Skelette einbauen", erklärt der Wissenschaftler. Sie
tragen neben anderen Prozessen wesentlich dazu bei, den Treibhauseffekt
"abzupuffern". "Es ist den Korallenriffen zu verdanken, dass das Klima
seit dem Kambrium, also seit 570 Mio. Jahren, annähernd stabil geblieben
ist. Denn sonst hätten wir längst klimatische Verhältnisse wie auf der
Venus", führt der Experte aus.
Korallen als Klimazeugen sind nur eines der vielen Themen, die auf der
73. Jahrestagung der Paläontologischen Gesellschaft in Mainz diskutiert
werden.