Wien - Das Bildnis der "neuen Jugend"
unterscheidet sich deutlich von der "Null-Bock-Generation" der 80-er und
90-er Jahre. Zu diesem Schluss kommen Experten beim 8. Europäischen
Kongress für Psychologie http://www.psycongress.at , der derzeit in Wien
stattfindet. Große Affinität zu Esoterik und Sekten bildet offensichtlich
eine Antipode zur Leistungsgesellschaft. 80 Prozent der Befragten geben
an, dass Sterne ihr Leben beeinflussen.
Eine Studie der Universität Klagenfurt http://www.uni-klu.ac.at hat
ergeben, dass in den Coolness-Konzepten von 14- bis 20-Jährigen heute
auch das Erbringen von Leistung als "cool" gelten kann. Die
Wissenschaftler sehen darin eine Trendwende zu den 80-er und 90-er
Jahren. "Damals galten gute Schulnoten fast als suspekt", so Philipp
Mayring, Professor für Psychologie an der Universität Klagenfurt. "Bei
der derzeitigen Generation von Jugendlichen kann es auch als cool gelten,
wenn in bestimmten Freizeit-Bereichen oder in der Schule herausragende
Leistungen erbracht werden", erklärt Mayring das Ergebnis der Befragung.
Wenig Gefühle zu zeigen sowie ruhig und selbst kontrolliert zu handeln
seien Verhaltensweisen, die unter Jugendlichen bereits in den 80er-Jahren
einen hohen Stellenwert hätten, meint der Experte. "Im Rahmen der
Entwicklungspsychologie wurde die Bedeutung von Coolness jedoch bislang
noch relativ wenig untersucht." Der Psychologe sieht die Notwendigkeit
ein grundlegendes Verständnis dafür zu entwickeln, was bei
Heranwachsenden als "cool" gelte. Das sei auch eine Basis, um
Interventionen bei Drogenmissbrauch oder in der Verkehrserziehung
durchzuführen. Der Psychiater rät dazu, dass auch Eltern sich bemühen
sollten die Welt ihrer Kids und deren Drang ab einem bestimmten Alter
anders und cool sein zu wollen, besser zu verstehen. "Sonst kann es
leicht geschehen, dass in der Pubertät der Kontakt zu den Kindern
abbricht", warnt Mayring.
Ein Gegentrend zur neuen "coolen" Leistungsgesellschaft ist aus einer
anderen Studie ablesbar, die von der Gesellschaft gegen Sekten- und
Kultgefahren in Kooperation mit der Universität Wien fertig gestellt
wird. Dazu wurden mehr als 2.400 Jugendliche in Wien und Niederösterreich
befragt. "Diese Erhebung zeigt unter anderem, dass das Interesse der
Heranwachsenden für Esoterik und Sekteninhalte zugenommen hat", so
Brigitte Rollett, Leiterin des Bereiches Entwicklungspsychologie an der
Universität Wien. Es scheine eine Tendenz zu geben, sich einem Bereich
zuzuwenden, in dem die heutigen Leistungs-Prinzipien scheinbar keine
Gültigkeit haben, da "Lebenserfolg" in weitesten Sinne auch auf anderen
Wegen erzielbar ist. Eines der interessantesten Resultate der
Forschungsarbeit war, dass rund 80 Prozent der Befragten der Ansicht
sind, dass die Sterne ihr Leben tatsächlich beeinflussen könnten.
"Wir leben heute in einer neuen Gesellschaft, die vor allem auf das
Erzielen von möglichst hohem Einkommen ausgerichtet ist", erklärt
Rollett. Um während der Ausbildung und später am Arbeitsmarkt erfolgreich
zu sein, sei es häufig nicht mehr wesentlich, tatsächlich Leistungen zu
erbringen, sondern es müsse vor allem ein gutes "Image" gepflegt werden.
"Die meisten Jugendlichen trachten bereits danach, Zeugnisse mit guten
Noten zu erwerben". Dass hinter diesen Zeugnissen echtes Wissen steht,
ist für die Heranwachsenden und in der Gesellschaft jedoch immer weniger
von Bedeutung, führt die Expertin aus.