PUTZLEINSDORF: Der Gemeinderat der Marktgemeinde Putzleinsdorf hat am 15. Dezember 2011 einstimmig folgenden Resolutionstext zu den maroden Gemeindefinanzen in Oberösterreich beschlossen:
Mit großem Interesse verfolgten die Verantwortlichen der Marktgemeinde Putzleinsdorf die Aktivitäten und die daraus resultierenden Reaktionen rund um die „überparteiliche Bürgermeisterplattform“.
Als betroffene Abgangsgemeinde unterstützen wir grundsätzlich die Anliegen der Plattform, gleichzeitig räumen wir jedoch ein, dass man über die Art und Weise, wie hier Probleme, Anliegen und Wünsche der Gemeinden transportiert bzw. kommuniziert wurden, durchaus geteilter Meinung sein kann.
Was bleibt, ist jedoch die Tatsache, dass es im vermeintlich wirtschaftlich stärksten Bundesland OÖ mit 298 oder 67 % die mit Abstand meisten Abgangsgemeinden gibt.
Der Vergleich der Transferzahlungen Länder – Gemeinden der einzelnen Bundesländer lässt den Schluss zu, dass sich bei diesen Zahlungen der oö. Gemeinden an das Land eine gewisse „Schräglage“ zugunsten des Landes entwickelt hat.
Im Jahre 1990 lukrierte die Marktgemeinde Putzleinsdorf aus den „Ertragsanteilen“ in Summe € 482.000,-. Diese erfuhren bis zum Jahre 2010 eine Steigerung auf € 1.037.000,- (= 215 %). Die Aufwendungen für SHV-Umlage und Krankenanstaltenbeitrag betrugen 1990 zusammen € 106.000,-, im Jahre 2010 jedoch bereits € 590.000,- (= 552 %). 1990 mussten für diese beiden Transferzahlungen 22 % der gesamten Ertragsanteile aufgewendet werden, 2010 bereits 57 %!
Zusammen mit Gastschulbeiträgen, Rot-Kreuz-Finanzierung, Tierkörperverwertung, usw. führten diese Kosten sehr systematisch zum finanziellen Kollaps unserer Gemeinden. Nicht die Finanzkrise 2008 – diese hat das Problem sicher verstärkt – sondern die erhöhten Aufwendungen durch die erwähnten Ausgaben haben uns in diese finanzielle Situation gebracht.
Bevor wir im Folgenden einige Lösungsansätze bzw. Vorschläge unterbreiten, halten wir fest, dass wir uns in der Vergangenheit bei den zahlreichen Vorhaben bezüglich Bedarfszuweisungen und Landesbeiträgen immer fair und korrekt behandelt fühlten. Für diese Unterstützungen bedanken wir uns!
Wenn die Gemeindefinanzen rasch und effizient saniert werden sollen, ist eine deutliche Entlastung bei Sozialhilfeverbandsumlage und Krankenanstaltenbeitrag absolute Voraussetzung. In diesem Zusammenhang halten wir die Einführung einer staatlichen Pflegepflichtversicherung als wirksames Instrument zur nachhaltigen Entlastung von Gemeinden und Land. Darüber hinaus sind die Gemeinden sicher bereit, durch Kooperationen und überregionale Zusammenarbeit ihre Haushalte noch sparsamer und wirtschaftlicher zu führen. Auch einer groß angelegten Verwaltungsreform stehen wir sehr aufgeschlossen gegenüber.
Wenn wir hier jedoch von Einsparungsmöglichkeiten sprechen, muss aber auch der „Förderdschungel“ mit dem damit verbundenen „Subventionsunwesen“ bei Projekten erwähnt werden: Im Bezirk Rohrbach führen zwei Leader-Regionen, EUREGIO; Tourismusregion und dergleichen bei Förderungen fast immer zu Mehrgleisigkeiten mit einem enormen Verwaltungsaufwand. Einige wenige Ansprechpartner pro Bezirk für sämtliche Projekte – ob Energie, Naturschutz, Landwirtschaft, Tourismus – halten wir für unerlässlich und sehen darin ein großes Einsparungspotential bei gleichzeitiger Steigerung der Effizienz.
Aber auch zusätzliche Einnahmen dürfen künftig kein Tabu sein, nur müssten vom Land OÖ die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen werden:
Grundsteuer:
Schon oft wurde in der Vergangenheit die zeitgemäße Anpassung der Einheitswerte vorgeschlagen. Der dringendste Handlungsbedarf besteht jedoch bei der Grundsteuer A, welche der Höhe nach schon fast 30 Jahre unverändert blieb (1990 € 8.200,-, 2010 € 8.000,-). Diese Steuer stellte noch vor 50 Jahren die bedeutendste Einnahmequelle einer ländlich strukturierten Gemeinde dar, mittlerweile hat sie eine Größenordnung erreicht, bei der man aufgrund des enormen Verwaltungsaufwandes die Steuer an sich in Frage stellen könnte.
Grundsteuerbefreiungen:
In Putzleinsdorf sind an die 100 Steuerpflichtige im Genuss der so genannten zeitlichen Grundsteuerbefreiung. Bei dieser Förderung nach dem Gießkannenprinzip entgehen der Gemeinde jährlich Steuereinnahmen von ca. € 20.000,-, ohne dass der betroffene Bürger diese Entlastung wahrnimmt. Gemeindebundpräsident Hingsamer schreibt dazu: „Diese Befreiung ist ein Relikt aus der Nachkriegszeit. Heute gibt es dafür von den Gemeinden kein Verständnis mehr.“ Dem ist nichts hinzuzufügen!
Anteil des „Widmungsgewinnes“ an Gemeinde:
Durch einen einfachen Gemeinderatsbeschluss wird häufig aus Grünland wertvolles Bauland, die Wertsteigerung beträgt regelmäßig bis zum 20-fachen und darüber hinaus. In der Praxis ist es so, dass dieser Widmungsgewinn zu 100 % der Grundbesitzer abschöpft und die Gemeinde durch Straße, Wasser, Kanal, etc. erst die Voraussetzungen für eine Bebauung schaffen muss. In vielen anderen europäischen Ländern werden die Kommunen am Widmungsgewinn entsprechend beteiligt. Dies könnten wir uns auch in OÖ in irgendeiner Form sehr gut vorstellen. Die Gemeinden müssten dabei verpflichtet werden, diese zusätzlichen Einnahmen dem Zweck entsprechend zu verwenden.
Einführung Gratis-Kindergarten:
Wir ersuchen höflich, dass die Versprechungen, welche im Zusammenhang mit der Einführung des kostenlosen Kindergartenbesuches gemacht wurden, lückenlos eingehalten werden. Weiters halten wir zu diesem Thema fest, dass so manche bürokratische Vorschrift zu überdenken wäre (Anwesenheitspflicht, sonderpädagogischer Betreuungsbedarf, Stützkraft, Kinderanzahl,…). Wir haben zudem die Erfahrung gemacht, dass die überwiegende Mehrheit der Eltern durchaus bereit ist, einen gewissen Beitrag zu leisten, wenn ihnen im Gegenzug ein flexibleres System zugestanden wird.
Bei der Beurteilung bzw. Betrachtung unserer Resolution und den damit verbundenen Vorschlägen ersuchen wir noch einen Aspekt zu beachten:
Es wird zunehmend schwieriger, junge und engagierte Gemeindebürger für die Arbeit in der Gemeinde zu gewinnen, wenn jede gute Idee von vornherein an den finanziellen Möglichkeiten scheitert. Es ist für einen Bürgermeister bzw. eine Amtsleiterin sicher nicht sehr motivierend, wenn dem Tausch eines 30 Jahre alten, hygienisch bedenklichen Teppichbodens im Sitzungssaal eine Vorsprache in Linz vorauszugehen hat.
Wir ersuchen höflichst unsere Vorschläge und Anregungen in den diversen Gremien zu berücksichtigen. Vielleicht kann es gemeinsam gelingen, die Gemeindefinanzen nachhaltig zu sanieren.
Begleitende Statistiken zur Resolution