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Regionales-Vermischtes | Hofkirchen i.M.
Auf den Spuren der Vorfahren

Besonderer Besuch hatte sich für Sonntag, 28. Oktober 2012 in Hofkirchen/M. angekündigt.


Hans* (links) und Ernst**(rechts) Löschner mit dem Urenkel Shawn Van Ausdal*** in der Stube des Hauses Badgasse 1. *Mitbegründer und Prokurist der IMS Nanofabrication AG, Wien. **Vorsitzender der Friedensinitiative „Alpine Peace Crossing“, vormals Bankdirektor von BNP Paribas Österreich, ***Professor für Geographie und Wirtschaftsgeschichte an der Universidad de los Andes, Bogota, Kolumbien.
Foto: Helga Wallner
HOFKIRCHEN: Die Brüder Ernst und Hans Löschner (geb. 1943, bzw. 1945) organisierten für Ihre Familien und Verwandten eine Reise zu den Wurzeln ihrer Vorfahren. Der Weg führte sie nach Tabor und Theresienstadt, über Karlsbad im damaligen Böhmen nach Hofkirchen/M.
Dort wurden sie von Hochwürden Pfarrer Dr. Franz Breid, Pfarrsekretärin Frau Helga Wallner mit Gatten, Herrn und Frau Huber, Besitzer des Hauses Badgasse 1, und Herrn und Frau Lepschi (Obermühle - Elternhaus von Fr. Lepschi), im Gasthof Froschauer begrüßt.

Hier in Hofkirchen verbrachte ihr Großonkel Alois Maximilian Hermann seine Kindheit.
Maximilian Hermann wurde von Rosa Hermann, einem Kindermädchen böhmischer und jüdischer Herkunft, 1885 in Wien als lediges Kind geboren. Da es für das Mädchen notwendig war, den Lebensunterhalt zu verdienen, sorgte Ihre Arbeitgeberin für eine gute Pflegestelle für das neugeborene Kind. Ihr Kutscher hatte Verbindungen zu Hofkirchen/M., so kam der kleine Säugling nach einer viertägigen Reise zu den Hausbesitzern Josef und Theresia Hackl, wohnhaft in Hofkirchen 22 (heute Badgasse 1) . Diese sorgten sich liebevoll um dieses Kind.
Maximilian Hermann wurde aber wegen seiner jüdischen Abstammung von den Kindern des Ortes verspottet. Es war ihm auch der Aufenthalt in der Kirche untersagt. Seine ersten Jahre in Hofkirchen/M. beschrieb er später als eine sehr unglückliche Zeit. .

Michael Kolm, der damalige Pfarrer des Ortes, wurde jedoch auf den Jungen aufmerksam. Max hatte sich bereits im Alter von 5 Jahren selber lesen, schreiben und rechnen beigebracht. Pfarrer Kolm erkannte wohl auch die seelische Not des Jungen, dass er wegen seiner Herkunft nicht in der Gemeinschaft integriert war. So sorgte er dafür, dass er im September 1891 getauft wurde und suchte für ihn auch einen passenden Taufpaten, den Müller Zankl von der damaligen Obermühle. Mit der Taufe bekam der kleine Junge den Namen Alois und er wurde in die katholische Gemeinschaft der Pfarre aufgenommen und es begannen glückliche Jahre für ihn.

Anfang 1893 verstarb der Pflegevater Josef Hackl und der 8-jährige Alois Hermann wurde im Sommer 1893 von seiner leiblichen Mutter abgeholt. Alois Hermann beschrieb dies so: „Es kam eine Kutsche, aus der eine wunderschöne Frau ausstieg und mich abholte. Der ganze Ort war versammelt. Die Pflegemutter weinte bitterlich beim Abschied. Die Frau gab sich später als meine Mutter zu erkennen.“
Seine Mutter Rosa hatte Dr. Adolf Böhm, später Finanzprokurist bei den Böhler Stahlwerken, im Hause ihrer Arbeitgeberin kennengelernt und ihn 1890 geheiratet. Sie suchte eine Bleibe für ihr lediges Kind, das mit ihrer ältesten Schwester Mitte 1893 nach Amerika auswandern konnte. Damit nicht der Verdacht, er sei der Sohn der Schwester, aufkommen konnte, gab sie ihm bereits auf dem Auswanderungs- Schiff den Namen Louis Boehm. Louis als Ableitung von Alois und Boehm vom Namen der Mutter.

In New York machte sich Louis um 4 Jahre älter, um dort die High-School besuchen zu können. Bereits mit 16 Jahren war er Gerichtsstenograph und hatte 1903, also mit 18 Jahren die "Law - School" / Universität abgeschlossen. Seine Tante hat 14 Stunden pro Tag geschneidert und so die Ausbildung ermöglicht. 1905, also mit 20 Jahren (!), startete Louis Boehm in Manhattan seine eigene Rechtsanwaltskanzlei. Bereits 1903 besuchte er seine Mutter Rosa und Familie Böhm in Wien und 1907 nochmals, wo eine alte Photographie ihn wiedergibt.

Er war im Weiteren sehr erfolgreich und gründete die "Boehm Enterprises". Die Mutter von Ernst und Hans Löschner hat nach dem zweiten Weltkrieg mit ihm und seiner Frau Kontakt aufgenommen und die beiden haben dann Österreich mehrmals besucht. Die Brüder Ernst und Hans erinnern sich, dass sie ihren Großonkel als 6- bzw. 4-jähriger Buben bereits 1949 in Kitzbühel getroffen haben.
Wie es Louis Boehm in Hofkirchen ergangen ist, und auch über die Fürsorge der Pflegeeltern und des Pfarrers, berichtete Louis der Löschner- Mutter, die dies auch schriftlich aufzeichnete (“The Boehm Story“).

Am 28. Oktober 2012 besuchten Angehörige der Familien Löschner und Boehm, unter ihnen auch ein Urenkel des Louis Boehm aus den USA , das Haus Hofkirchen 22 und gedachten in der Kirche dem Pfarrer Michael Kolm, der durch die Taufe und damit die Aufnahme in die Gemeinschaft der Pfarre das Leben des kleinen Alois so positiv verändert hatte.
Louis Boehm vormals Alois Maximilian Hermann starb 78- jährig am 2. Oktober 1962. Mit seinen zwei Kindern und fünf Enkelkindern verblieben die Brüder Löschner in engem familiären Kontakt.

Louis Boehm, aufgenommen 1907 in Wien



Familiengruppe mit dem Ehepaar Huber vor dem
Haus Hofkirchen 22 (Badgasse 1), in dem ihr Großonkel
und Urgroßvater Alois Herrmann (Louis Boehm) seine Kindheitsjahre verbrachte.

 

Quelle: Helga Wallner, erschienen am 15.11.2012
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